Das Hörvermögen von Hunden und Katzen

Bei den meisten Säugetieren wird der Luftschall von der Ohrmuschel aufgefangen und durch den äußeren Gehörgang zum Trommelfell geleitet, das von den Schallwellen in Schwingungen versetzt wird. Durch das Trommelfell wird die Paukenhöhle in der die gelenkig verbundenen Gehörknöchelchen liegen, nach außen abgeschlossen. Das Mittelohr funktioniert als Schalldruckverstärkersystem mit drei verschiedenen Komponenten:

  1. Bildung eines Hebelarmes durch unsymmetrische Anheftung des Hammers an das Trommelfell
  2. unterschiedliche Hebelarmlänge der Gehörknöchelchen (der Hebelarm des Hammers ist immer größer als der des Amboss)
  3. unterschiedliches Oberflächenverhältnis zwischen Trommelfell und Steigbügelplatte (das Trommelfell ist immer größer als die Steigbügelplatte). Das Verhältnis Fell zu Platte beträgt beim Menschen 15:1 und ist bei anderen Säugern häufig größer: Hund 27:1, Ratte 34:1. Auch bei Vögeln korreliert dieser Quotient mit der Empfindlichkeit des auditorischen Systems und beträgt beispielsweise beim Haubentaucher nur 18:1, bei der Waldohreule jedoch 40:1).

Durch reflektorische Kontraktion der Muskeln des Mittelohres wird oft  eine größere Steifheit der Übertragungskette erreicht und damit der Durchlass für tiefere Frequenzen gedämpft. Das Mittelohr hat bei Amphibien, Reptilien und Vögeln eine ähnliche Verstärkerfunktion wie bei den Säugern, obwohl diese Tierarten nur zwei Gehörknöchelchen besitzen (Quelle: Physiologie der Haustiere; Wolfgang von Engelhardt, Gerhard Breves, Frank Ahrens; 2005).

Nachfolgend beispielhafte Audiogramme zum Hörschwellenverlauf von domestizierten Hunderassen (links) und Katzen (rechts):Hörvermögen Hunde+Katzen2

Analyse des linken Diagramms (Hunde):

Dargestellt werden sechs Audiogramme zum Hörschwellenverlauf von domestizierten Hunderassen. Die große Ähnlichkeit der zwei empfindlichsten Hörschwellenkurven (vgl. „Hund 1“ und „Pudel“) lässt annehmen, dass es sich bei beiden Audiogrammen um dieselbe Hunderasse und vielleicht auch um dieselbe Messung handelt.

Die niedrigste Hörschwelle liegt bei den Probanden im Bereich von 8.000 Hz, wobei das Leistungsvermögen des Gehörs (vgl. 0 dB auf der Ordinate) vergleichbar dem des Menschen liegt. Die Rasse der Pudel hebt sich im Diagramm mit einer umfangreicheren „unteren Hörschwelle“ im Frequenzbereich zwischen 4.000 bis 8.000 Hz hervor.

Tendenziell liegt die akustische Wahrnehmung aller Probanden im Frequenzbereich von < 4.000 Hz niedriger als beim Menschen. Im Frequenzbereich zwischen 4.000 und 8.000 Hz ähnelt die Wahrnehmungsgrenze dem des Menschen. Bei höheren Frequenzen zwischen 10.000 und 20.000 Hz liegt das Hörvermögen der Hunde deutlich (zwischen 15 und 45 dB) über dem des Menschen, wobei die Wahrnehmung im Ultraschallbereich bis etwa 50.000 Hz hoch leistungsfähig bleibt. Die A-Bewertungskurve vermag im Bereich zwischen 4.000 und 20.000 Hz das Hörvermögen der Hunde mit 2 bis 8 dB, d.h. durchschnittlich mit 5 dB Unterschreitung abzubilden. Im Bereich unter 4.000 Hz liegt die A-Bewertung deutlich höher.

Analyse des rechten Diagramms (Katzen):

Tendenziell liegt die akustische Wahrnehmung der Probanden im Frequenzbereich unter 500 Hz vergleichbar dem des Menschen. Die niedrigste Hörschwelle liegt im Bereich zwischen 2.000 und 8.000 Hz vor, wobei das Leistungsvermögen des Katzengehörs (vgl. Differenz von – 20 dB zur A-Bewertungskurve) bedeutend über dem des Menschen liegt. Eine Differenz von 20 dB bedeutet, dass die Tiere im eingeschränkten Frequenzbereich einen rund 100-fach geringeren Schalldruck wahrnehmen können. Die Pegeldifferenz von +/- 20 dB entspricht beim Menschen in etwa einer Vervierfachung bzw. einer Viertelung der empfundenen Lautheit.

Auffällig ist im Großen und Ganzen, dass das Hörvermögen von Katzen im Bereich ab 10.000 bis 80.000 Hz dem Hörvermögen der Beutetiere (Mäuse und Ratten) ähnelt. Das Gehör der Katzen ist über den großen Frequenzbereich enorm leistungsfähig; übersteigt beispielsweise im Bereich zwischen 500 und 40.000 Hz den Referenzpegel von 0 dB der Bewertung „A“ um bis zu rund 20 dB.

Andreas Doppler, 11.11.2017
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