Party all the time…

Anlässlich einer Geburtstagsfeier in einer benachbarten Wohnung hatte ich Gelegenheit gleich auch Messungen der – dadurch auf meine Person einwirkenden Immissionen vorzunehmen. Die Feier hat gegen ca. 20 Uhr begonnen, es wurde bis ca. 3 Uhr gefeiert und danach noch aufgeräumt.

Anbei ein Auszug der Messdaten zum Zeitraum von Mitternacht bis 2 Uhr früh.

Ich darf dazu anmerken, dass die Geburtstagsfeier gepflegt und in mäßigem Rahmen abgelaufen ist. Es wurde keine laute Musik eingespielt, getanzt oder ähnliche Aktivitäten ausgelebt. Zudem wurde die Feier zuvor mittels Infozettel den anderen Bewohnern angekündigt. Im Großen und Ganzen also ein weitgehend „nachbarfreundliches Verhalten“.

Meinem subjektiven Empfinden nach waren die Gästegeräusche bis zur Nachtzeit hin gut verträglich. Wurde in der eigenen Wohnung selbst eine Beschallung durch z.B. eine Musikanlage und/oder einem Fernseher/Mediengerät gehalten, waren die Personen zur oberen Wohnung kaum akustisch signifikant. Fachlich aber von Interesse ist die Veränderung der Einwirkung bei Änderung der nachbarlichen Erwartung, wenn ab 22 Uhr typischerweise Nachtruhe (Kinder sogar früher) gehalten wird. Dazu legen unsere schalltechnischen Richtlinien und Normen u.a. zulässige Höchstwerte wie folgt fest:

  • ÖAL Richtlinie Nr. 3-1:2008: der Planungsbasispegel im städtischen Wohn-/Schlafraum sollte bei geschlossen gehaltenen Fenstern zur Nacht einen Pegel von 20 dB nicht übersteigen. Kennzeichnende Spitzenpegel (LA,max) dürfen dabei den Planungsbasispegel um nicht mehr als 10 dB übersteigen (also bei <= 30 dB liegen).
  • ÖAL Richtlinie Nr. 6/18:2011 unter Verweis auf Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO):

Hinsichtlich lärmbedingter Schlafstörungen kommt einzelnen Schallpegelspitzen eine besondere Bedeutung zu. Dabei sind sowohl die Höhe des Schallpegels wie auch die Häufigkeit des Auftretens von Bedeutung. Für den Innenraum wird der maximale Schalldruckpegel im Untersuchungszeitraum (LA,max, innen) als relevanter Parameter herangezogen und hinsichtlich seiner Lärmwirkungen kategorisiert:

  • bis 35 dB: Effekte wie vermehrte Körperbewegungen, EEG-Arousals und einzelne strukturelle
    Veränderungen der Schlafstadien können beobachtet werden;
  • 35 bis 42 dB: Verlängerte Einschlafphasen, vermehrte bewusste Weckreaktionen und eine
    Verkürzung der Gesamtschlafdauer treten auf.

Wie viele Aufwachreaktionen bzw. Schlafstadienänderungen jedoch noch zumutbar sind, lässt sich nicht allein aus wissenschaftlichen Studiendaten ableiten. So wird üblicherweise auch auf die Grundlagenstudie von Frau Univ.-Prof. em. Dr. Griefan zu flugbedingten Spitzenpegeln auf den Schlaf zurückgegriffen, wobei häufige Spitzen LA,max > 47 dB mit Schlafstadienänderungen und häufige Spitzen LA,max > 54 dB mit unmittelbaren Aufwachreaktionen in Verbindung gebracht werden.

Diesbezüglich kann vorbehaltlich einer medizinischen Prüfung dem gegenständlichen Geburtstagsfest zwar eine „Belästigung“ – aber noch keine „Gesundheitsgefährdung“ zugeschrieben werden. Hinsichtlich einer Belästigung können wir Schalltechniker auch auf die Regelungen in der Veranstaltungsrichtlinie des Umweltbundesamtes (Arbeitsbehelf zur behördlichen Prüfung von Konzerten und vgl. Freiluftveranstaltungen etc. nach dem jeweiligen Veranstaltungsgesetz) verweisen, nach welcher „leisere Veranstaltungen“ bis zu einer Häufigkeit von 10 Stück im Kalenderjahr noch als zumutbar und damit genehmigungsfähig angesehen werden. Bei zunehmend lauteren Veranstaltungen reduziert sich dieses dann bis auf eine einzelne Veranstaltung im Jahr (dann womöglich noch unter beschränkenden Auflagen).

Hausordnungen gehen aber bisweilen gar nicht auf mögliche Ausnahmen ein, sodass die Störung der Nachtruhe schon bei jedem einzelnen Fall zu Problemen führen kann. Typischerweise wird bei einer Ruhestörung die örtliche Polizei gerufen, die dann beim Einzelfall das weitere Vorgehen (Mediation, Aufklärung, Verwarnung bis hin zur Verwaltungsstrafe, Platzverweise etc.) prüft. Folgen kann eine Ruhestörung aber auch haben, wenn dieser eine Besitzstörungsklage folgt. Im letzteren Fall werden dann zumeist Sachverständige (Schalltechnik, Bauphysik, Medizin etc.) zur Unterstützung der Gerichte beigezogen.

Andreas Doppler, 05.11.2022
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