Lärm von Einsatzfahrzeugen

Im Rahmen einer Einreichplanung zu einer neuen Feuerwache einer Gemeinde hatte ich mich mit der Frage zu beschäftigen, wie die Einwirkungen von „Blaulichtorganisationen“ z.B. im Fall von Einsatzfahrten von und zum Stützpunkt zu behandeln sind. Nicht selten befinden sich die Stützpunkte ja auch in Siedlungsgebieten und damit im Bereich von Nachbarschaften.

Dass diese „Notfalleinrichtungen“ nicht mit üblichen betrieblichen Anlagen vergleichbar sind, ist unbestreitbar. Sind diese aber generell ohne Regelung oder durch facheinschlägige Richtlinien und Methoden nicht bestimmbar, verlangte bis dato der Einspruch gegen ein Neubau- oder Änderungsvorhaben eines solchen Stützpunktes zumeist eine gerichtliche Entscheidung. Und letztlich bedarf es der Interessensabwägung, ob in diesen speziellen Fällen der Einsatz dieser Warneinrichtungen nicht über den „Nachbarschaftsschutz“ zu stellen ist.

Um solche Planungen auf eine rechtssichere Basis zu stellen wurde zuletzt u.a. auf Grundlage des von mir betreuten Bauvorhabens auch eine Änderung der Oö. Bauordnung (LGBl. Nr. 35/2013 mit der letzten Novellierung mit LGBl. Nr. 56/2021) vorgenommen, wonach unter § 2 Pkt. 22 „Begriffsbestimmungen“ neuerdings Immissionen von Einrichtungen von Einsatzorganisationen zur akustischen Alarmierung oder Warnung der Bevölkerung im Unglücks- oder Katastrophenfall (wie Sirenen und dergleichen) nicht mehr zu den „schädlichen Umwelteinwirkungen“ zählen und damit formal nicht mehr zu beurteilten sind.

Anders formuliert: solche Einwirkungen sind von den NachbarInnen (zumindest im Bundesland Oö.) hinzunehmen und nicht zu beeinspruchen. Ich denke aber – vergleichbar zu anderen Immissionen, gilt dies für nur die „belästigende Wirkung“ solcher Geräusche. Eine Gesundheitsgefährdung wird erfahrungsgemäß nie toleriert.

Selbstredend wird man NachbarInnen im Umfeld solcher Stützpunkte auch nicht bewusst belasten wollen und mit z.B. organisatorischen Regelungen wie „dem allfälligen Verzicht von Folgetonhörnern zu Beginn des Einsatzes (bei der Abfahrt von der Polizei-/Feuerwache, Rettungsbasis etc.) die Belastung bei den NachbarInnen auf das notwendige Maß reduzieren.

Polizei00Wie laut sind denn „Martinshörner“ (umgangssprachlich häufig verwendeter Ausdruck für die Folgetonhörner) nun?

Während in Deutschland mit dem § 55 zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung die Lautstärke auf höchstens Lp,A = 105 dB in 7,0 m Abstand (dies entspricht etwa einer Schallleistung von Lw,A ≤ 130 dB) beschränkt wird, habe ich für Österreich keine vergleichbare Regelung gefunden. Allerdings ist davon auszugehen, dass in Österreich vergleichbare Anlagen an/in den Einsatzfahrzeugen verbaut werden. Messungen von deutschen Kollegen zu „vormals eingebauten lauteren Anlagen“ geben Hinweise auf Schallleistungen bis zu Lw,A,max ≤ 135 dB. Die um 5 dB höheren Pegel werden vom Menschen in etwa mit einem „Viertel mehr an Lautheit“ wahrgenommen.

*) … vereinfachte Ableitung über die halbkugelförmige Ausbreitung ohne Berücksichtigung von Abschirmungen und Reflexionen

Entfernung Schalldruckpegel LA,max in Abhängigkeit der Entfernung zur Quelle *)
Neue Anlagen Ältere Anlagen
10 m ≤ 102 dB(A) ≤ 107 dB(A)
20 m ≤ 96 dB(A) ≤ 101 dB(A)
30 m ≤ 92 dB(A) ≤ 97 dB(A)
40 m ≤ 90 dB(A) ≤ 95 dB(A)
50 m ≤ 88 dB(A) ≤ 93 dB(A)
60 m ≤ 86 dB(A) ≤ 91 dB(A)
70 m ≤ 85 dB(A) ≤ 90 dB(A)
80 m ≤ 84 dB(A) ≤ 89 dB(A)
90 m ≤ 83 dB(A) ≤ 88 dB(A)
100 m ≤ 82 dB(A) ≤ 87 dB(A)

Während in Zentral-Europa die Signale von Einsatzfahrzeugen weitgehend auf „einzelnen Tonfolgen mit dazwischenliegenden Pausen“ beruhen, weisen z.B. die am Nord- und Südamerikanischen Kontinent üblichen Einsatzfahrzeuge häufig ein „melodisches, auf hohem Niveau anhaltendes Heulen“ auf, welches trotz vergleichbarem Schallleistungsniveau für den Menschen subjektiv noch „eindringlicher“ und damit in höherem Grade „hörbar“ – aber auch belästigend sind.

Dass diese Signale insbesondere in dicht verbauten Siedlungsgebieten erheblich störend sein können, mag ich nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in San Francisco / Kalifornien gerne bestätigen, smile. Da wundert es mich auch nicht, dass einigen Artikeln in der Presse zu Folge sich Initiativen von BürgerInnen in den USA mehren und die Verwaltungsbehörden teils einen Wechsel der Signale auf die „Europäische Variante“ bzw. auf Alternativen überlegen.

Thema ArbeitnehmerInnenschutz:

Die Diskussion von Belästigungen der Bevölkerung beim Einsatz von „Folgetonhörnern“ lässt aber leicht übersehen, dass sich die größte Betroffenheit innerhalb des Einsatzfahrzeuges auf die dortigen Personen konzentriert. Den Untersuchungen von Prof. Dr. DI Krahe von den HEAD acoustics (BRD) zufolge, liegen im Einsatzfall innerhalb des Kraftfahrzeuges bei schnellen Fahrten (z.B. auf Autobahnen wird es ja auch ohne Einsatzhorn im Kfz lauter) Innenpegel von LA,i ≤ 95 dB, bei langsameren Fahrten oder im Stand Innenpegel von LA,i ≤ 87 dB vor. Hier bei sind die Innenpegel bei dachseitigen Signalhörnern um bis zu rd. 25 dB lauter als jene, die in der Fahrzeugfront (z.B. hinter dem Kühlergrill) montiert wurden.

Andreas Doppler, 25.03.2022
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