Von Minnielefanten und Trampeltieren

Inspiriert durch Nachbarn schreibe ich über die ganz besondere Gattung von „Wohnungsnutzenden“, die sich durch auffällige Gehgeräusche in den benachbarten Stockwerken bemerkbar machen. Mag es das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit sein oder der Mangel an Sensibilität, dieses Thema begleitet die Fachkollegenschaft schon seit längerem. So zeigt auch eine erneute Befragung und Auswertung des deutschen Umweltbundesamtes von 2020 auf, dass „Nachbarschaftslärm“ immer noch an zweiter Stelle nach den Belästigungen durch „Straßenverkehrslärm“ zu liegen kommt. 

Gemäß der bundesweit anerkannten und in der Regel auch in den Bundesländern baurechtlich verbindlich gemachten OIB Richtlinie Nr. 5 „Schallschutz“ (aktueller Stand von 2019) wird zwischen Aufenthalts-/Wohnräumen ein sogenannter bewerteter Standard-Trittschallpegel L´nT,w ≤ 48 dB gefordert. Entgegen den üblichen Schalldämmmaßen gilt hier: je niedriger der Standard-Trittschallpegel liegt, desto besser ist der Schallschutz. Dies ist der Standard, nach dem sich moderne Wohnbauten zu richten haben.

Dennoch können damit nicht alle Trittschall-/Körperschallprobleme ausgeschlossen werden. Dieser Umstand hat auch dazu geführt, dass man mit der neuen ÖNORM B 8115-2:2021 „Methodik zur Ermittlung von Schallschutzniveaus“ die Definition des Schutzziels im Empfangsraum nun auch aufgrund des Empfindlichkeitsniveaus, der Zielrichtung bzw. der individuellen Erwartungshaltung festlegen kann.

Unter anderem wird dabei auch das Gehverhalten klassifiziert. So liegt beispielsweise zwischen einem „Gehen auf Fersen“ und einem „Gehen auf Ballen“ eine Differenz von 10 dB. Ein Pegelunterschied von 10 dB entspricht beim Menschen in etwa einer Halbierung oder Verdopplung der Lautheit. Wer sich bemüht, kann sogar Pegelminderungen von 20 dB (jeder 10-dB-Sprung halbiert die Lautheit) bis 30 dB erreichen.

Es bleibt abzuwarten, wie schnell die neueren Methoden zur Schallbewertung Einfluss auf den derzeitigen Stand der Bautechnik nehmen werden. Jedenfalls wurde erkannt, dass die geltenden Baunormen in Bezug auf den merklich gestiegenen Anspruch (d.h. die breite Erwartungshaltung der Bevölkerung) von Wohnungsnutzenden ständig angepasst werden müssen.

Zulässige Spitzenpegel nach OIB Richtlinie Nr. 5:

Gleichfalls wird mit der OIB Richtlinie Nr. 5 im Kapitel „Haustechnische Anlagen anderer Nutzungseinheiten“ vorgegeben, dass kurzzeitige Geräusche (z.B. Vorbeifahrt eines Liftes) einen Spitzenwert von LA,f,max,nT = 30 dB in benachbarten Wohnräumen (der Index „nT“ steht für ein durchschnittliches Wohn-/Schlafzimmer mit einer Nachhallzeit von 0,5 Sekunden) nicht übersteigen dürfen. In Nebenräumen sind bis zu 5 dB höherer Pegel erlaubt.

Sollten Ihre Nachbarn bei Ihnen dauerhaft höhere Spitzenpegel auslösen, wäre wirklich zu diskutieren, ob nicht eine „unübliche Nutzung der Wohnung“ vorliegt, die eine behördliche und/oder gerichtliche Anzeige rechtfertigt. Anwälte empfehlen in solchen Fällen auch, ein „Lärmprotokoll“ zu führen, aus welchem hervorgeht zu welchen Zeiten und mit welcher Häufigkeit „auffällige nachbarliche Ereignisse“ vorliegen.

Insbesondere mutwillige Lärmbelästigung ist kein Spaß! Gerichtliche Entscheidungen belegen, dass ein Mietvertrag gekündigt werden kann, wenn der Mieter durch sein „rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet.“

Andreas Doppler, 26.07.2022
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