Sound Design _ Teil 1

Geht es darum den Klang von Maschinen und Produkten benutzerfreundlicher bzw. attraktiver zu machen, bedient sich die Wirtschaft schon seit langem u.a. der Hilfe von Fachkräften aus den Fachgebieten der Psychologie, der Akustik und des Produktdesigns.

Interessierte wissen vielleicht um die Bemühungen, das Geräusch von Motoren, Autotüren und Bedienelementen im Kraftfahrzeug (Schalter, Sitzverstellungsmotoren, Lüftungen etc.) „wertiger“ zu präsentieren. Im Automobilbereich ist es derzeit z.B. auch trendig mit zusätzlichen Lautsprecher-Beschallungssystemen das Motorgeräusch und das Abgasgeräusch gezielt zu beeinflussen. Aber auch im Lebensmittelbereich sind wir nicht frei von der Beeinflussung, dass z.B. Kekse, Knabbergebäck und Frühstückszerealien ein akustisch optimiertes Wohlgefühl beim Menschen auslösen. Selbst das Geräusch beim Öffnen einer Chips-Packung bleibt nicht immer dem Zufall überlassen.

Die diesbezügliche technische Auseinandersetzung wird zumeist unter der Abkürzung NVH-Engineering für Noise, Vibration, Harshness (Geräusch, Vibration, Rauhigkeit) zusammengefasst. Feingeistiger klingt allerdings die Bezeichnung „Akustikdesigner bzw. Akustikdesignerin“.

Im Prinzip versucht man durch Anpassung von z.B. Oberflächen, Gewichten und Steifigkeiten (z.B. Änderung von Wandstärken oder Zulegen von Versteifungen), Geschwindigkeit bzw. Rotation, Volumen und Strömungsgeschwindigkeiten etc. eine Veränderung der akustischen Eigenschaften und fördert oder mindert gezielt Einzelgeräusche und Geräuschgemenge. Dabei sind die Erfahrung und die Intuition der Beteiligten – bevorzugt unter Anleitung eines Akustikers bzw. einer Akustikerin gesucht.

Nachstehend zwei Beispiele aus dem Themenkreis „praktische Maschinenakustik“.

Beispiel 1:  Die brummende Wärmepumpe

Im ersten Beispiel wurde die im Keller eines Wohnhauses installierte Wärmepumpeneinheit (der Verdampfer der Anlage steht im Freien, der Verdichter der Anlage in diesem Fall liegt im Gebäude) zum Problem. Beim Betrieb des Verdichters tritt eine exorbitant hohe Schwingungsspitze bei 50 Hz (der typischen Umdrehungsfrequenz geschuldet) auf, die sich über die Luft und die Kontaktstellen auf das Bauwerk überträgt und zwei Stockwerke höher in den Schlafräumen mit signifikant hörbaren Tönen von 200 Hz und 400 Hz (harmonische Wellen mit dem Vielfachen von 50 Hz) auftreten.

An sich sind solche 50 Hz-Töne für diese Anlagenart nicht untypisch und durch die nachstehend beschriebenen Maßnahmen zumeist auch in den Griff zu bekommen. Versuche des Installateurs mit einer Gummimatte unter der Anlage und eine nachträgliche Kapselung des Verdichters bei zudem Wechsel der Bodenlager brachten leider nur wenig Besserung.

Sounddesign WPA01

Die konkreten Messungen und Beobachtungen zeigten auf, dass ein ungewöhnlicher Umstand den 50 Hz-Ton massiv verstärkt. So verliert das Geräusch deutlich an Energie, wenn die umschließenden Gehäusewände entfernt werden. Werden die Wände wieder angelegt und geschlossen, verstärkt sich das Brummen infolge der Resonanz der betreffenden Frequenz erheblich.

Die komplette Länge der Schallwelle bei 50 Hz liegt im Medium Luft bei ca. 6,85 m und durch Überlagerung von gleichen Teilen der Welle kommt es hier zur ungünstigen Überlagerung. Folglich wäre dem Hersteller neben der schwingungstechnischen Entkopplung des Gehäuses bzw. Verdichters auch eine Änderung beim Anlagendesign mit Umlenkungen des Schalls im Gehäuseinneren und einer Reduzierung des Volumens (z.B. Abtrennung von Lufträumen) vorzuschlagen.

Die bestehende Bedeckung der Gehäuseteile  mit Schaumstoff wirkt sohin erfahrungsgemäß auch nur zur Minderung von Frequenzen im mittleren und insbesondere höheren Bereich (> 500 Hz). Zur Minderung tiefer Frequenzen wird in der Regel „Masse“ – also Gewicht benötigt, welche durch Zulagen von z.B. klebbaren Schwerlastfolien erreicht werden kann.

Beispiel 2:  Der singende Heutrockner (Lüftungsanlage)

Im zweiten Beispiel greife ich auf einen Fall zurück, den ich als Gerichtsgutachter zu prüfen hatte. Die Lüftungsanlage stammt aus dem Jahr 1978 und wurde im Zuge eines Betriebsumbaus an neuer Stelle eingesetzt und betrieben. Leider trug der landwirtschaftlich bedingte Betrieb des Heulüfters (Durchlaufbetrieb über Tage) bei einer nahen Nachbarschaft einen signifikanten (lästigen) Ton ein, was letztlich zur Klage führte.

Sounddesign Lüfter01

So weist der Anlagenbetrieb in der Gerätekammer bereits eine Auffälligkeit bei ca. 160 Hz und ca. 315 Hz (Mode der Grundfrequenz) auf, die sich über den Luftschacht bzw. den Heuboden in den Nachbarschaftsbereich mit etwa 800 Hz (vgl. das 5-fache von 160 Hz) überträgt.

Laut Herstellerinformation verfügt das Lüftungsgerät über einen sechsflügeligen Ventilator und dieser wird typischerweise mit einer Motordrehzahl von 1.450 rpm betrieben. Für eine solche Konfiguration lässt sich mit schalltechnischem Formelwerk eine Hauptstörfrequenz von 145 Hz abschätzen, was größenordnungsmäßig auch gut mit der Messung vor Ort übereinstimmt.

Ein Austausch oder gröberer Umbau der Anlage sollte vermieden werden, weshalb als Lösungsansatz zu überlegen war – an der Anlage zur Entdröhnung und Abminderung der tiefen Frequenzanteile das Gehäuse mit klebbaren Schwerlastfolien zu belegen und die Gerätekammer und den Luftschacht soweit möglich mit absorbierendem Material (Präferenz zur Minderung von Frequenzen > 500 Hz) zu bedämpfen.

Über diese verhältnismäßig einfachen Beispiele hinaus fordern Aufgaben im sogenannten „Consumer“-Bereich (zumeist Produkte im Handel und Lebensmittel) fachübergreifende Kenntnisse z.B. im Bereich der Materialtechnik, Produktionstechnik und erhebliches Feingefühl betreffend die Bedürfnisse und Erwartungen der Auftraggeber und Benutzer.

Die Planung und Umsetzung erfordert zumeist auch Versuche am Objekt als auch die subjektive Bewertung durch Probanden in Hörversuchen. Letzter dienen der Bestätigung der am Objekt geführten Änderungen durch die möglichen Anwender.

Für Hörversuche stehen u.a. nachstehende Methoden zur Verfügung.

Das Ranking

Beim Ranking werden Versuchspersonen gebeten, Geräusche entsprechend eines Kriteriums (z.B. Lästigkeit) zu bewerten und beispielsweise eine Benotung von 1 bis 10 zu treffen.

Der Paarvergleich

Beim Paarvergleich werden jeder Versuchsperson jeweils zwei Geräusche in Folge dargeboten, damit diese dann entsprechend dem gewünschten Kriterium (z.B. Lästigkeit) eine Wahl trifft. So fällt es in der Regel leicht (der Mensch hat eine Präferenz zur Speicherung von Geräuschen im Kurzzeitgedächtnis) zu bestimmen, ob nun das erste Testsignal lästiger und weniger lästig bzw. gleich lästig empfunden wurde als das zweite Testsignal. Der Paarvergleichstest eignet sich typischerweise, um Unterschiede in sehr ähnlichen Geräuschen aufzuspüren.

Die Kategorisierung

Bei der kategorialen Bewertung wird jede Versuchsperson ersucht, ein Geräusch nach dem Vorspielen entsprechend einer mehrstufigen Skala zu bewerten. Für die Durchführung solcher Hörversuche braucht es allerdings geübte bzw. trainierte Probanden, damit es nicht zu groben Fehlbewertungen kommt.

Beispiel der 5-stufige Skala nach Rohrmann

1                             nicht störend

2                             ein wenig störend

3                             im mittel störend

4                             ziemlich störend

5                             sehr störend

Das semantische Differential

Während sich die Versuchspersonen bei den zuvor beschriebenen Methoden auf ein vorgegebenes Beurteilungskriterium konzentrieren, werden bei dieser Testmethode mehrere Attribute eines Geräusches im selben Durchgang wie z.B. nachstehend im Beispiel genannt – nach dem Schema der auf- oder absteigenden Zustimmung beurteilt.

billig x wertig
blechern x satt
unangenehm x angenehm
labbrig x knusprig

Mit dieser Methode gelingt es auch leichter herauszufinden, warum ein Geräusch/eine Produktvariante von den Probanden abgewertet wurde und welcher Aspekt eines Geräusches verändert werden muss, um die Geräuschqualität im Sinne der Benutzermeinung zu verbessern.

Insgesamt ist der Bereich des „Akustikdesigns“ und insbesondere die fachübergreifende Anwendung derselben eine höchst spannende Sache. Mein Dank richtet sich diesbezüglich u.a. an Prof. Dr. Jürgen Hellbrück und seine MitarbeiterInnen, bei denen ich die Planung und Anwendung von Hörversuchen erlernen durfte.

Andreas Doppler, 13.01.2020
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