Baulärm – Nachbarschaftsschutzfragen

Betreffend die Errichtung von Bauwerken sind grundsätzlich die baurechtlichen Bestimmungen der Bundesländer wie z.B. Bauordnungen, Bautechnikverordnungen, Baupolizeiverordnungen etc. zu beachten. Und ein Teil der Bundesländer hat betreffend Baulärm auch ergänzende Anmerkungen in diesen Unterlagen verankert.

So regelt u.a. die Oö. Bautechnikverordnung mit § 12 „Baulärm“, dass Bauarbeiten, die im Freien Lärm erzeugen, in Wohn- und Kurgebieten gemäß § 22 Abs. 1 und 3 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen überhaupt nicht, von Montag bis Freitag nur in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr und an Samstagen nur von 7.00 Uhr bis 14.00 Uhr vorgenommen werden. In allen anderen Baulandgebieten gemäß den §§ 21 bis 24 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, mit Ausnahme von Industriegebieten, dürfen lärmerzeugende Bauarbeiten werktags in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr durchgeführt werden.

Dabei dürfen alle im Zuge einer Bauarbeit erzeugten Geräusche (bezogen auf das offene Fenster des nächstgelegenen Aufenthaltsraums von Nachbarliegenschaften) einen maximal zulässigen Schalldruckpegel (Beurteilungspegel Lr) des dort herrschenden Gesamtlärms von 55 dB in Wohn- und Kurgebieten bzw. von 70 dB in allen anderen Baulandgebieten nicht überschreiten. Wiederkehrende Lärmspitzen (LA,max) dürfen 85 dB nicht überschreiten.

Die zuständige Baubehörde hat allerdings die Möglichkeit befristete Ausnahmen (gegebenenfalls unter Vorschriebung von Ersatzmaßnahmen zur Sicherstellung des Nachbarschaftsschutzes im notwendigen Ausmaß) zu gewähren, wenn das Bauvorhaben andernfalls nicht ausgeführt werden könnte oder ein unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Aufwand droht.

Andere Bundesländer haben eigene Festlegungen wie z.B. Wien mit der Vorgabe zur Verwendung von jeweils emissionsärmsten Baugerätschaften getroffen. Es würde aber den Rahmen dieses Artikels sprengen, auf alle bundesländerspezifischen Regelungen hinzuweisen. Ich ersuche Sie daher, sich selbst darüber zu informieren. Eine große Hilfe dazu ist das Dokumentenarchiv des Bundeskanzleramtes (Rechtsinformationssystem des Bundes – RIS), welches über die Internetadresse http://www.ris.bka.gv.at/ zu erreichen ist.

Wird Baulärm z.B. im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen (in der Regel für größere industrielle oder infrastrukturbezogene Bauvorhaben zutreffend) betrachtet, sind die Regelungen nach der ÖAL Richtlinie Nr. 3-1:2008 (Kapitel  8 Schallimmissionen von Baubetrieb) hilfreich. Diesem Regelwerk nach ist der Beurteilungspegel für baubedingte Geräusche (aufgrund der typischen Ton- und Impulshaltigkeiten, spricht den Auffälligkeiten und möglichen subjektiven Lästigkeiten) mit einem Anpassungswert von 5 dB zu beaufschlagen. Andererseits dürfen bei zeitlich kurz gehaltenen Bauarbeiten (von wenigen Tagen bis höchstens 4 Wochen) auch Abzüge in Rechnung gestellt werden.

Übersteigt der Beurteilungspegel des Baubetriebes die flächenwidmungsspezifischen Planungsrichtwerte nach ÖNORM S 5021 oder liegt höher als die ortsübliche Ist-Lage, ist regulär eine eine individuelle schalltechnische und lärmmedizinische Beurteilung durchzuführen.

Weiter führt die Richtlinie beispielsweise erprobte Einschränkungen und Maßnahmen (nachstehend aus Auszug der ÖAL RL 3-1:2008) an.

– Ergeben Prognoseberechnungen für Lr,Bau einen höheren Wert als 65 dB, so ist eine regelmäßige schalltechnische Kontrolle durch Messung notwendig.

– Bei längerfristigen Auftreten (ab 4 Wochen) eines Beurteilungspegels Lr,Bau von 65 dB bis 70 dB soll zum Schutz der Bevölkerung eine Mittagspause eingeführt werden.

– Überschreitungen des Lr,Bau von 70 dB sind nicht kontinuierlich während der gesamten Woche zulässig. Sollten technische Schutzmaßnahmen nicht durchführbar oder nur mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchführbar sein, so sind diese hohen Pegel nur jeden zweiten Tag oder täglich halbtags zulässig.

Und betreffend die Bauarbeiten von Bundesstraßen wurde mit der Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung (BStLärmIV) ein weiteres Dokument geschaffen, welches u.a. ein Bewertungs- und Beurteilungssystem für Baulärm bietet. Und auch diesem Regelwerk nach ist der Beurteilungspegel für baubedingte Geräusche mit einem Anpassungswert von 5 dB zu beaufschlagen, sofern diese nicht dem Verkehrsläm öffentlicher Straßen vergleichbar ist.

Die Grenzen zur Gesundheitsgefährung werden laut Absatz 4 wie folgt gesetzt:

Grenzwerte
Tageszeit (6-19h)
Abendzeit (19-22h)
Nachtzeit (22-6h)
An Werktagen
Lr,Bau,Tag,W ≤ 67,0 dB
Lr,Bau,Abend,W ≤ 60,0 dB
Lr,Bau,Nacht ≤ 55,0 dB
An Samstagen
Lr,Bau,Tag,Sa ≤ 60,0 dB
Lr,Bau,Abend,Sa ≤ 55,0 dB
An Sonn-/Feiertagen
Lr,Bau,Tag,So ≤ 55,0 dB
Lr,Bau,Abend,So ≤ 55,0 dB

Dabei ist zu beachten, dass die Beurteilung des werktägigen Tages- und Abendzeitraumes auf einen mittleren Beurteilungspegel (Durchschnitt über einen Regelmonat von 20 Bauarbeitstagen) bezogen gilt und grundsätzlich bei allen Beurteilungszeiträumen als maßgebliche Immissionspunkte die Nachbargebäudefassaden gelten und folglich keine Beurteilung an z.B. vorgelagerten Gärten und Terrassen zu treffen ist.

Aktuell steht die Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung im Fokus einer Prüfung durch den Bundesverwaltungsgerichtshof. Es bleibt abzuwarten, welche Entscheidungen das Gericht trifft und ob eventuell die Verordnung zur Gänze oder zu Teilen einer Überarbeitung zu unterwerfen sein wird.

Andreas Doppler, 08.12.2016
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