Die sonnenbedingte Blendung – Grundsätzliches

Zum Aufgabengebiet des lichttechnischen Gutachters gehören u.a. auch die Messung, Berechnung und Begutachtung von sonnenbedingten Wirkungen – oder aber auch das Fehlen derselben bei z.B. übermäßiger Beschattung (eine sogenannte negative Immission). Diesbezüglich werden bei bau- und gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren wie auch bei Gerichtsverfahren immer häufiger die möglichen und tatsächlichen Wirkungen von Reflexionen der Sonne an z.B. großen Verglasungen, Photovoltaikanlagen, Kollektoranlagen, metallischen und keramischen Dacheindeckungen etc. hinterfragt.

Grundsätzliches zur Einstrahlung der Sonne:

Die Leuchtdichte (= der Helligkeitseindruck) der Sonne reicht auch in unseren Breitengraden situationsbedingt bis zu etwa 1,6 x 109 cd/m2 und bei ausgezeichneter Witterung (z.B. wolken- und dunstfreie Lagen) sind dabei äquival­ente Beleuchtungsstärken von etwa E ≤ 100.000 – 130.000 lx (Beleuchtungsstärke auf das angestrahlte Objekt) im Freien zu erwarten. Medizinisch begründet wissen wir, dass „absolute Blendungen“ (nicht nur das lästige Empfinden, sondern bereits eine kritische Sichtbehinderung) ab Leuchtdichten von 104 cd/m² möglich sind. Das bedeutet, dass ein Blick in die ungeminderte Reflexion (Annahme einer 100%-igen Reflexion) mit einer Überschreitung des Grenzwertes um das 100.000-fache einhergeht.

Leuchtdichte einer mittleren Sonneneinstrahlung L [cd/m²] L [cd/m²]
Immission vor dem Glas 1.000.000.000 1,00E+09
Theoretische Reflexionsminderung -999.000.000 -9,99E+08 -99,9%
Verbleibende Einwirkung 1.000.000 1,0E+06
Überschreitung
Absolutblendung ab 10^4 cd/m² 10.000 1,0E+04 100-fach

Anders ausgedrückt müsste eine Maßnahme zur Blendvermeidung geeignet sein, wenigstens 99.999% der einwirkenden Intensität zurücknehmen. Da dies aus praktischen Gesichtspunkten kaum möglich ist (dies würde ja eine komplette Abdeckung mit blickdichtem Material erfordern) bleibt nur die Möglichkeit, durch bauliche Maßnahmen und/oder die zielgerichtete Montage von reflektierenden Flächen (z.B. mit sehr flachen Elementen oder mit – dem Sonnenlauf nachfolgenden Systemen) – die Reflexion in Bereiche zu lenken, in denen keine NachbarInnen und/oder VerkehrsteilnehmerInnen davon betroffen sind.

Prinzipskizze zu einem System sehr flacher Photovoltaik-Elemente (Quelle: Produkt iFIX, Fa. iFIX-Solar GmbH, 4101 Feldkirchen an der Donau):

IFIX01

Fotodokumentation zum System im Einbauzustand (Quelle: TB Doppler):

IFIX02a

Zu Ihrer Information: selbst „reflexionsarme Photovoltaik-Module“ mit einem Reflexionsgrad von nur 1% können diesem Erfordernis nicht gerecht werden, zumal der niedrige Reflexionsgrad zumeist bei steilem Einfallswinkel gilt und bei flacherem Einfallswinkel die Reflexion deutlich höher liegt.

Vor einer Messung dieser hohen Leuchtdichten mit optischem Gerät (z.B. einem klassischen Spotmeter vom Typ Gossen oder Minolta) oder die Aufnahme mittels einer Spiegelreflexkamera muss dringend gewarnt werden, da durch die Bildvergrößerung dieser Geräte die – auf das Auge des Betrachters konzentrierte Sonneneinstrahlung sofort zu bleibenden Schäden führen kann! Zudem reicht der Messbereich der üblichen Leuchtdichtemessgeräte meist auch nur bis etwa 300.000 cd/m². 

Fotodokumentation zur einer Sonnenkollektoranlage (Warmwassergewinnung) mit behelfsweise vorgespanntem Sichtschutznetz:

Blendung 01

Fotodokumentation zur einer Sonnenkollektoranlage (Warmwassergewinnung) mit kurzer Belichtungszeit:

Blendung 02

Andreas Doppler, 14.08.2018
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