Maßnahmen gegen die Lichtverschmutzung

Siehe auch Ausgabe Nr. 92 (Seiten 12 bis 14) der Zeitschrift „ReadING“ vom Februar 2021. Die Zeitschrift ist auch unter www.ingenieurbueros.at digital verfügbar.

Zur Minimierung der „Lichtverschmutzung“ bieten sich bereits einfache Maßnahmen an:

  1. Künstliches Licht nur dort einsetzen, wo es gebraucht wird;
  2. Steuerung der Lichtmengen mittels Zeitschaltung, Bewegungsmeldung und Dimmung;
  3. Einsatz von Leuchten die geringes Streulicht verursachen.

Zur Bekräftigung dieser Regeln wurde die ÖNORM O 1052 „Lichtimmissionen – Messung und Beurteilung“ im Jahr 2012 veröffentlicht. Mit dieser Norm zog Österreich mit jenen EU-Mitgliedsstaaten gleich, die bereits lichttechnische Regelungen betreffend den Nachbarschaftsschutz und den Naturschutz gesetzt haben. In der Norm werden u.a. Bewertungsgebiete für die Unterscheidung der Sensibilität der zu beurteilenden Gebietes gesetzt, erlaubte Betriebszeiten bestimmt und Anforderungen an umweltgerechte Beleuchtungsanlagen formuliert. Die Norm beschreibt dabei u.a. die Gruppe der „nicht notwendigen Beleuchtung“ (NNB), welche nicht allein Sicherheitsbedürfnisse wie z.B. Verkehrsbeleuchtungen und dgl. abdeckt

Festlegungen der ÖNORM O 1052 betreffend erlaubte Betriebszeiten (Quelle: Austrian Standards, modifiziert)
Betriebszeiten einer nicht notwendigen Beleuchtung (NNB)

Gebiets-
klasse

Zulässige
Betriebszeit

Gesetzlich festgelegte Gebiete zum Schutz der Natur, z.B.
Nationalparks, Naturschutzgebiete u. dgl.

I (E1)

nicht zulässig

Nicht für Bebauung gewidmete Gebiete, Freilandgebiete,
unbebaute Gebiete, Grünland

II (E2)

nur bedingt
zulässig

Siedlungsrand, ländliche und durchgrünte Siedlungsgebiete

III (E3)

5 – 22 Uhr

Dicht bebaute Gebiete, städtische Gebiete, Industriegebiete

IV (E4)

5 – 24 Uhr

Mit Ausnahme der höchsten Schutzzone sind für Beleuchtungsanlagen auch abweichende Betriebszeiten (in Gebiet II jedoch maximal bis 22:00 Uhr) zulässig, wenn die Fernwirkung der Anlagen beurteilt wird und die Notwendigkeit der Betriebszeiten nachvollziehbar begründet werden kann. Dabei gelten folgende Anforderungen an eine umweltgerechte Beleuchtungsanlage:

  1. Vermeidung und Reduzierung von künstlicher Beleuchtung soweit möglich;
  2. Vermeidung der Beleuchtung von Schlaf- und Brutplätzen. Insbesondere dürfen die Uferbereiche natürlicher bzw. naturnaher Gewässer durch künstliche Beleuchtung nur maximal um 0,25 lx, hervorgerufen durch künstliche Beleuchtung) aufgehellt werden;
  3. Die Beleuchtung von Bäumen in der Vegetationsperiode ist zu vermeiden;
  4. Einsatz von geschlossenen Leuchten, um das Eindringen von Insekten zu vermeiden;
  5. Eine maximale Oberflächentemperatur der Leuchten von 60 °C ist anzustreben.
  6. Leuchtmittel, deren Emissionsspektrum sich mit den Augenempfindlichkeitskurven von nachtaktiven Tieren (Insekten, Fledermäuse, Zugvögel, Amphibien u. dgl.) deckt, sind zu vermeiden und Emissionsanteile im kurzwelligen Bereich (bläuliches Licht bzw. UV-Strahlung mit hoher Lockwirkung auf nachtaktive Insekten) sind bedarfsweise durch geeignete technische Maßnahmen (Wahl geeigneter Leuchtmittel mit einer Farbtemperatur ≤ 3.000 °K (Kelvin-Scala), Einsatz von Filtern etc.) zu beschränken.
  7. Zielgerechte Auswahl von Leuchten mit begrenztem Streulichtanteil wie folgt:
Klassifizierung der Abstrahlrichtung von Leuchten (Quelle: Austrian Standards, modifiziert)
Symbolbild Zone Abstrahlwinkel Beschreibung
 Systembild Abstrahlung01 Zone D 96 – 180° Kritische Zone in Bezug auf die Lockwirkung und betreffend die Himmelsaufhellung. In diese Richtung abgestrahltes Licht ist auch aus großer Entfernung wahrnehmbar. Der Nutzwert des „nach oben abgestrahlten Lichts“ ist fraglich und der diesbezügliche Stromverbrauch nicht begründbar.
Zone C 91 – 95°
Zone B 71 – 90° Ausstrahlwinkel bis zur „Leuchten-Horizontalen“ mit minimierter Himmelsaufhellung. Dieser Klasse sind beispielsweise die sogenannten
„cut-off-Leuchten“ zuzuschreiben. Allerdings verbleibt ein signifikanter Anteil an Fernwirkung und eine Lockwirkung auf Tiere.
Zone A 0 – 70° Idealer Ausstrahlwinkel mit minimiertem Streulicht. Dieser Klasse sind beispielsweise die sogenannten „full-cut-off-Leuchten“ zuzuschreiben.

Der Einsatz von direkt nach oben abgestrahltem Licht (z.B. Skybeamer, Bodeneinbaustrahler) ist demnach grundsätzlich zu vermeiden bzw. setzt die ÖNORM O 1052 auch Obergrenzen betreffend den Einsatz von z.B. gebäude- und objektseitigen Anstrahl­ungen wie auch den Einsatz von selbstleuchtenden Lichtkästen (z.B. Werbeanlagen u.dgl.), die im Fall von neuen Anlagen im Rahmen der z.B. bau- und gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen und zu beurteilen sind.

Betreffend die Limitierung der Himmelsaufhellung verweist die ÖNORM O 1052 auf eine Reihe internationaler Normen, in denen die anlagenbedingte Himmelsaufhellung mit einem maximalen ULR-Wert limitiert wird. Der ULR-Wert (Upward Light Ratio) wird definiert als Anteil des Lichtstroms der Leuchte, der oberhalb der Horizontalen abgestrahlt wird.

Grenzwerte der ÖNORM O 1052 zur Himmelsaufhellung (Quelle: Austrian Standards, modifiziert)
 Begrenzung der Himmelsaufhellung

Zone

ULR-Grenzwert

Gesetzlich festgelegte Gebiete zum Schutz der Natur, z.B.
Nationalparks, Naturschutzgebiete u. dgl.

I

0%

Nicht für Bebauung gewidmete Gebiete, Freilandgebiete,
unbebaute Gebiete, Grünland

II

5%

Siedlungsrand, ländliche und durchgrünte Siedlungsgebiete

III

15%

Dicht bebaute Gebiete, städtische Gebiete, Industriegebiete

IV

25%

Dahingehend liegen für Österreich bereits Vorgaben und Bestimmungen auch zum Schutz der Natur vor übermäßigen Lichtimmissionen vor, gleichwohl manche Vorgaben der ÖNORM O 1052 mit Prädikaten wie „sind zu vermeiden, ist anzustreben etc.“ derzeit noch sehr weich formuliert werden. Dies sei allerdings darauf zurückzuführen, dass die Beurteilung von Vorhaben betreffend den „Naturschutz“ formal dem jeweiligen Landesgesetz unterliegt und weniger Aufgabe einer Norm zum Stand der Technik sein mag.

Es ist aber bereits Fakt, dass dem Thema „Lichtimmissionen“ und „Lichtverschmutzung“ im Rahmen der üblichen Genehmigungsverfahren von neuen Vorhaben und der zugrunde­liegenden Gesetzgebung eine immer größere Bedeutung zukommt. Dabei ergeben sich zunehmend auch Schnittstellen zu anderen KonsulentInnen aufgrund der Besonderheiten der einzelnen Schutzgüter und Verfahren (z.B. Fragen welche Grenzwerte, Untersuchungsmethoden und Beurteilungsmaßstäbe anzuwenden sind) und den – zumeist auf dem fertigen Immissionsgutachten aufbauenden Fachgutachten des Natur­schutzes.

Andreas Doppler, 17.12.2020
https://www.sachverstand.org

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